«5G: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste»
«Niemand will etwas bauen, das die Umwelt schädigt», Ausgabe vom 17. Februar
5G wird in nächster Zukunft keine selbstfahrenden Autos bringen. Dass die Technik noch nicht so weit ist, zeigt auch eindrücklich die Einstellung des Fahrbetriebs des roten Busses (ZZ vom 7. Mai 2020, «Der rote Bus ohne Lenker scheitert am grauen Alltag»)! Ebenso ist 5G nicht der Treiber der Digitalisierung und schon gar nicht deren Erfolgsfaktor. Ich fühle mich ins Jahr 2000 zurückversetzt anlässlich der Versteigerung der 3G-Lizenzen. Nichts vom dannzumal Versprochenen geschah über Nacht, sondern brauchte nochmals 10 bis 15 Jahre sowie die Nachfolgetechnologie 4G.
Weder wird der Vorsprung der Schweiz in der Digitalisierung aufs Spiel gesetzt, noch wird der Aufbau des 5G-Netzes stocken – wie liberale Kreise dies gerne fach-«un»-kundig behaupten. Dass es wohl zu einer Verdoppelung der bestehenden Antennenanlagen kommen wird, beobachtet man auch in andern Ländern, die notabene sehr viel laschere Grenzwerte haben als wir. Diesbezüglich hat der Bundesrat wiederholt die Beibehaltung der zwar strengen, aber dem in der Bundesverfassung verankerten Vorsorgeprinzip verpflichteten Grenzwerte für nichtionisierende Strahlung kommuniziert.
Unbestritten ist, dass die Schweizer Mobilfunknetze seit Jahren im europäischen Vergleich mit grossem Abstand zu den Besten gehören! So ist auch die Achillesferse des Schweizer Mobilfunks nicht der strenge Strahlengrenzwert, sondern dass sich nicht genügend Grundeigentümer finden lassen, welche die sehr einseitigen – zu Gunsten der Provider formulierten – Mietverträge unterschreiben wollen, notabene zu nicht markt- und ortsüblichen Mietzinsen!
Wenn denn tatsächlich alles so unbedenklich wäre im Mobilfunk, weshalb pochen dann grosse institutionelle Grundeigentümer wie Banken, Versicherungen, Pensionskassen und Anlagestiftungen auf strenge Schadloshaltungsklauseln in ihren Verträgen, damit sie als Grundeigentümer im Falle von Wertminderungs- sowie Gesundheitsschädigungsklagen nicht haftbar gemacht werden können? Deshalb gilt im Zweifelsfall, dass die Vorsicht die Mutter der Porzellankiste ist!
Daniel Gruber, Zug
Fast peinlich berührt sehen wir uns mit dem Leserbrief des Präsidenten der FDP Stadt Zug konfrontiert, welcher sich zur 5G Technologie äussert.
Natürlich will niemand eine Technologie stoppen, welche der Menschheit dient. Cédric Schmid übersieht jedoch, dass nur sehr wenige Anwendungen in der Industrie überhaupt auf schnellere und grössere Datenmengen via Mobilfunknetz angewiesen sind. Beispiele: Fahrerlose Fahrzeuge – sind technisch ohne 5G möglich; Tesla setzt auf ein eigenes Satellitennetzwerk, andere auf Kurzstreckenradar und WLAN-Vernetzung. Auch Eisenbahnen brauchen kein 5G der kommerziellen Betreiber, da sie ihr eigenes 2G-Netz bis 2025 auf 5G aufrüsten wollen. Industrie– die ist in aller Regel mit Festnetzanschlüssen ausgerüstet und verlässt sich bei kritischen Produktionsprozessen bewusst nicht auf Mobilfunk, sondern auf Glasfaser. Innerhalb des Betriebs wird WLAN eingesetzt. Internet der Dinge – für diese Steuerungen reichen minimalste Datenmengen aus. 5G braucht hier niemand. Dasselbe gilt für Fernoperationen und Telemedizin. Landwirtschaft – Smart Farming wird von der Branche immer wieder als Argument für 5G verwendet (ferngesteuerte Traktoren, Melkmaschinen, Bewässerungsanlagen etc.). Jedes Tier soll mittels Chip lokalisierbar sein und von fern überwacht werden können. Innovative Landwirtschaftsbetriebe haben das längst realisiert, ohne 5G. Auch hier geht es nicht um viele Daten und eine Millisekunde ist nicht entscheidend.
Was wir wirklich kritisch finden, ist der Versuch des Politikers, Glasfaser und Mobilfunk gegeneinander auszuspielen. Selbstverständlich ist beides nötig, um eine gute Versorgung gewährleisten zu können. Ziel muss es sein, möglichst viel mit Glasfaser zu versorgen und nur dort, wo es nicht anders geht, auf Mobilfunk zu setzen. 5G wird nie das Glasfasernetz ersetzen, höchstens ergänzen. Wer Mobilfunkstrahlung als «unbedenklich» bezeichnet, hat sich wohl von den falschen «Fakten» inspirieren lassen. Sogar der im Leserbrief erwähnte Fachbericht der UVEK-Arbeitsgruppe bestätigt, dass Krebs, neurodegenerative Erkrankungen, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf oxidativen Stress zurückzuführen sind. Das Ziel muss es somit sein, diese Belastungen so gering wie möglich zu halten, was nur mit tieferen Grenzwerten möglich ist.
Eigentlich will Cédric Schmid offenbar nichts bauen, das die Umwelt schädigt. Zur Umwelt gehört auch der Mensch. Wenn wie hier belegt ist, dass von nichtionisierender Strahlung eine derartige Gesundheitsgefährdung ausgeht, dann sollte man unseres Erachtens nicht den Ausbau des Mobilfunknetzes unterstützen, schon gar nicht mit Antennenanlagen mit mehr Leistung und auf höheren Frequenzen. Ein Innovationsstandort Schweiz ist bestimmt nicht auf 5G angewiesen. Niemand ruft nach 5G, keine Anwendung, kein Prozess ist dringend auf 5G angewiesen. Zum Erfolg des Standorts Schweiz trägt es aber sicherlich bei, wenn die Gesundheit der Menschen bestmöglich geschützt wird. Schliesslich scheint dem Politiker nicht bewusst zu sein, dass der Widerstand gegen 5G auch damit zu tun hat, dass es der Bund verpasst hat, vor der Einführung die erforderlichen Grundlagen zu schaffen. Bis heute existieren keine Vollzugshilfe und keine Messempfehlung für adaptive Antennen. Mit anderen Worten kann 5G weder berechnet noch gemessen werden. Auch eine Kontrolle von adaptiven Antennen in den heutigen Qualitätssicherungssystemen ist noch nicht möglich. Bereits in Betrieb genommene Antennen laufen somit völlig ungeprüft und unkontrolliert, weshalb die Praxis im Kanton Zug, wonach noch keine adaptiven Antennen für 5G bewilligt werden, absolut richtig ist.
Andrea und Robert Klauser,
IG Hünenberg See